Kassel, 3. Mai 2023

Fraunhofer IEE weiht neuen Campus ein und feiert Jubiläum

Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn und Fraunhofer Vorstand Alexander Kurz sowie Kassels Baudezernent Christof Nolda haben heute zusammen mit gut 300 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft den neuen Campus des Fraunhofer IEE in Kassel feierlich eingeweiht und zum 35-jährigen Jubiläum gratuliert. Knapp 70 Millionen Euro haben das Bundesforschungsministerium und das Land Hessen in den Neubau investiert.

Einweihungsfeier Fraunhofer IEE-Campus. Von links: Günter Schleiff | HHS Architekten, Christof Nolda | Dezernent für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt der Stadt Kassel, Dr. Reinhard Mackensen | Institutsleiter Fraunhofer IEE, Angela Dorn | Ministerin für Wissenschaft und Kunst Hessen, Prof. Dr. Werner Kleinkauf (Gründer), Prof. Dr. Alexander Kurz | Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft
© Andreas Fischer
Von links: Günter Schleiff | HHS Architekten, Christof Nolda | Dezernent für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt der Stadt Kassel, Dr. Reinhard Mackensen | Institutsleiter Fraunhofer IEE, Angela Dorn | Ministerin für Wissenschaft und Kunst Hessen, Prof. Dr. Werner Kleinkauf (Gründer), Prof. Dr. Alexander Kurz | Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft
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Einweihungsveranstaltung im Foyer des Fraunhofer IEE-Campus.
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Dr. Philipp Strauß (links), stellvertretender Institutsleiter, erläutert Forschungsarbeiten des Fraunhofer IEE zum Thema Stromrichter im neuen Mittelspannungslabor.

Für die mittlerweile 450 Mitarbeitenden des Fraunhofer IEE ist in Kassel eine neue zentrale Forschungsumgebung entstanden. Ein großes Technikum mit Fachlaboren für Leistungselektronik, Stromrichter, Mittelspannungstechnik, Batteriesysteme, Wasserstoff, Wärmenetze und digitale Netzleittechnik eröffnet nun erweiterte Möglichkeiten, die Wirtschaft durch angewandte Forschung in diesen wichtigen Innovationsfeldern zu unterstützen. Bezogen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Neubau mit 325 Büroarbeitsplätzen dem Technikum und Laboren schon vor einem Jahr.

Um Fraunhofer genügend Platz auch für die weitere Entwicklung des Instituts zu ermöglichen, hatte die Stadt Kassel das ehemalige Zollgelände nördlich des Hauptbahnhofs von der Deutschen Bahn erworben, als Baugebiet entwickelt und dann zwei Drittel davon an die Fraunhofer-Gesellschaft für den Neubau veräußert.

In Ihrem Grußwort sagte Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst: „Spätestens Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat gezeigt, wie abhängig wir von fossiler Energie sind. Um die Energiewende zu schaffen, brauchen wir zukunftsweisende Forschung, die Technik kontinuierlich weiterentwickelt. Das Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystem IEE arbeitet an diesen wichtigen Fragen unserer Zeit – nun noch effektiver. Der Neubau führt die über Kassel verteilten Institutsbereiche zusammen und bietet neuen Platz für technische Weiterentwicklungen. Hessen investiert hier rund 34 Millionen Euro in einen wichtigen Innovationsmotor und damit auch in den Kampf gegen die Klimakrise.“

Aus Anlass des Institutsjubiläums würdigte Angela Dorn die Forschungsarbeiten der gesamten Region Nordhessen: „Wir feiern heute auch 35 Jahre angewandte Spitzenforschung im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energiesystemtechnik. Die Forschung des IEE hat die Entwicklung dieser Technologien vorangetrieben und sie effizienter, zuverlässiger und kostengünstiger gemacht. Durch die Arbeit des IEE, weiterer Fraunhofer-Institute und der Universität Kassel mit ihren ingenieur- und umweltwissenschaftlichen Schwerpunkten hat sich Nordhessen zur führenden Region im Bereich der umweltfreundlichen Energiesysteme entwickelt.“

Die Arbeiten der Forscherinnen und Forscher sind angesichts der Herausforderungen des Klimaschutzes durch den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien sehr gefragt. Das Fraunhofer IEE ist ein wichtiger Player in der Fraunhofer-Energieforschung mit über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 19 Fraunhofer-Instituten, die ihre Expertise in der Fraunhofer-Allianz Energie bündeln, einer der größten Energieforschungsinstitutionen Europas. „Als ein führendes Institut für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und der Energiewirtschaft hat das IEE in den letzten Jahren zahlreiche Erfolge erzielt “, stellte Fraunhofer-Vorstand Prof. Dr. Alexander Kurz in seinem Grußwort fest.

Das Fraunhofer IEE fokussiert sich auf Forschungsfragen in den Bereichen Energieinformatik, Energiemeteorologie und Geoinformationssysteme, Energiewirtschaft und Systemanalyse, Energieverfahrenstechnik und -speicher, Netzplanung und Netzbetrieb, Netzstabilität und Stromrichtertechnik sowie Thermische Energietechnik, um die Energiewende voranzutreiben. „Wir forschen für eine resiliente, stabile und bezahlbare Energieversorgung mit erneuerbaren Energien, die über alle Sektoren hinweg gekoppelt ist und durch automatisierte Verfahren mit künstlicher Intelligenz gesteuert wird“, sagte der kommissarische Institutsleiter Dr. Reinhard Mackensen.

Gründung und Entwicklung

Seit 35 Jahren arbeitet das Fraunhofer IEE unter dem Motto "Energiewende gestalten" daran, Lösungen und Antworten auf technische und wirtschaftliche Fragestellungen im Bereich der erneuerbaren Energien zu entwickeln. Es entwickelt Lösungen für technische und wirtschaftliche Herausforderungen, um die Kosten weiter zu senken, die Versorgung zu sichern, die Netzstabilität zu gewährleisten, die Digitalisierung in der Energiewirtschaft voranzubringen und neue Geschäftsmodelle in der Energiewende zu ermöglichen.

Der Institutsname hat in der Zeit zweimal gewechselt: 1988 gegründet als Institut für Solare Energieversorgungstechnik ISET, 2009 integriert in die Fraunhofer-Gesellschaft als Teil des Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES und 2018 überführt in das eigenständige Institut Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE.

In einem Podiumsgespräch erinnerte sich Prof. Dr. Werner Kleinkauf an seine Intention die 1988 zur Gründung des Instituts für Solare Energieversorgungstechnik ISET geführt hat: „Nach der ersten Ölpreiskriese 1973 begann ein generelles Hinterfragen der fossilen Energieträger. In der vom Bund finanzierten groß angelegten Studie »Energiequellen für morgen?« die 1975 gemeinsam von der Kernforschungs-Anlage-Jülich und der Deutschen Luft und Raumfahrt (DLR) durchgeführt wurde, konnten wir darlegen, dass mit den erneuerbaren Energieträgern, z.B. Wind- und Solarenergie, große, nutzbare Potentiale zur Verfügung stehen. Mein Ziel nach meinem Wechsel von der DLR zur Universität Kassel war es, dass neben der deutschlandweit in mehreren Forschungsinstitutionen betriebenen Grundlagenforschung auch die Systemtechnik –  das ingenieurmäßige Erfassen der Komplexität dieser neuen Versorgungsanlagen und -strukturen – vorangetrieben wird.“

Highlights

Als Beispiele für Highlights aus 35 Jahren Forschung für die Nutzung erneuerbarer Energien nannte Institutsleiter Reinhard Mackensen: „Aus persönlicher Sicht ist es die Weiterentwicklung der Prognosesysteme, die Virtuellen Kraftwerke, alles rund um das Thema Digitalisierung der Energiewirtschaft – insbesondere die Nutzung von Verfahren der Künstlichen Intelligenz.

Mit Blick auf das gesamte Institut sind es noch viele andere Highlights, beispielweise sind das:

  • Die Leistungselektronik, die wir in den 1990er Jahren für die Photovoltaik entwickelt haben und für die wir heute neue Impulse für Materialeinsparungen und Regelungsverfahren für industrielle Innovationen geben.
  • Die Batterie-Simulation, die seit Jahrzehnten weltweit in der Automobil- und Zulieferindustrie eingesetzt und ständig weiterentwickelt wird.
  • Die Meeresenergie, bei der wir maßgeblich bei der weltweit ersten großen Meeresströmungsturbinen-Pilotanlage vor der englischen Westküste beteiligt waren.
  • Das Projekt StEnSea, bei dem wir eine erste Pilotanlage eines Meeres-Pumpspeicherkraftwerks im Maßstab 1:10 entwickelt, gebaut und auf dem Grund des Bodensees erfolgreich getestet haben.  
  • Bei der Bioenergie haben wir uns früh für deren flexible Nutzung eingesetzt und Verfahren zur bedarfsgerechten Biogasproduktion entwickelt.
  • Für Power-to-Gas als Langzeitspeicher entwickeln wir Reaktor- und Anlagenkonzepte sowie Betriebsmodelle und Optimierungsverfahren.
  • Mit dem globalen Power-to-X-Atlas zeigen wir die weltweiten Potenziale für den Import von grünem Wasserstoff und anderen erneuerbaren E-Fuels auf.
  • Für den Ausbau von Übertragungs- und Verteilungsnetzen entwickeln wir Ausbauszenarien und neue Verfahren der Netzausbauplanung.
  • Für die Sektorkopplung von Strom, Wärme und Mobilität entwickeln wir Verfahren und Geschäftsmodelle für sektorenübergreifende Versorgungsstrukturen und Speichersysteme.“

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