Zuverlässigkeit elektronischer Bauteile und Systeme entlang der gesamten Wertschöpfungskette verbessern

Im EU-geförderten Projekt »iRel 4.0« (Intelligent Reliability 4.0) haben sich 79 Partner aus 14 Ländern, darunter auch das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale), zusammengeschlossen, um Lösungen zu finden, die Zuverlässigkeit elektronischer Bauteile und Systeme entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verbessern.

© Fraunhofer IMWS
Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme eines nanometergroßen Defektes am Schottky Interface eines HEMT Gate-Kontaktes.

Die Elektromobilität sowie die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien sorgen für einen zunehmenden Bedarf an effizienten und langlebigen Hochfrequenz- und Leistungshalbleiterbauelementen. Gallium-Nitrid (GaN) High-Electron-Mobility Transistoren (HEMTs) spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Ihre speziellen chemisch-physikalischen Materialeigenschaften wie große Bandlücke, hohe Durchschlagsspannung und hohe Elektronengeschwindigkeit ermöglichen besonders hohe Leistungsfähigkeit bei sehr kompakter Bauweise.

Doch die Lebensdauer dieser GaN-Halbleiter ist durch lokale Schädigung der HEMT-Struktur, die zu fortschreitenden Leistungsverlusten führt, eingeschränkt. Dabei können Gate-Kurzschlüsse durch Defektbildungen an der Gate-Elektrode entstehen. Werden diese Defektstellen unter elektrischer Spannung angeregt und emittieren dadurch Licht, können sie nachfolgend mittels Elektrolumineszenzmikroskopie lokalisiert werden. Die optische Auflösung reicht hierbei jedoch nicht aus, um nanometergroße Defekte exakt genug aufzufinden und sie gezielt mittels elektronenmikroskopischer Analyse untersuchen zu können.

Im Rahmen des »iRel 4.0«-Projekts hat das Fraunhofer IMWS dafür einen neuen Lösungsansatz entwickelt. Dabei wird durch die Kombination unterschiedlicher Methoden zur Probenpräparation der lokalisierte Defektbereich mittels Transmissionselektronenmikroskopie abgesucht.

In einem ersten Schritt wird der gesamte Defektbereich in planarer Ausrichtung nach nanometergroßen Defekten abgesucht. Anschließend werden aus dieser Probe zusätzliche Querschnittsproben entnommen, um die Defekte innerhalb der verschiedenen Schichten zu ordnen und mit atomarer Auflösung untersuchen zu können.

»Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Firma United Monolithic Semiconductors SAS und der Universität Padua konnten mit dieser Methode erstmalig metallische Einschlüsse mit einer Größe von 20 Nanometern als Ursache für elektrische Kurzschlüsse identifiziert werden. Die Defektbildung konnte mit Hilfe der höchstauflösenden Transmissionselektronenmikroskopie aufgeklärt werden. Dabei zeigte sich, dass die gefundenen Defekte im Zusammenhang mit spezifischen Kristalldefekten in der epitaktisch gewachsenen GaN-Schicht stehen und somit eine prozessbedingte Ursache haben«, sagt Frank Altmann, Leiter des Geschäftsfeldes »Werkstoffe und Bauelemente der Elektronik«.

Ziel des europäischen Projekts »iRel 4.0« (Intelligent Reliability 4.0) ist es, die Zuverlässigkeit elektronischer Bauelemente und Systeme zu verbessern, in dem die Ausfallquote entlang der gesamten Wertschöpfungskette verringert wird. Dabei soll die Lebensdauer von Bauelementen verdoppelt, die Lernkurve mittels Datenanalyse um 30% erhöht, Defektbildungen früher erkannt und Ausfallquoten um 30% gesenkt werden. Mit den innovativen Ansätzen im Bereich der Qualitätssicherung soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Halbleiterindustrie gestärkt werden.

Das Projekt hat eine Laufzeit von insgesamt dreieinhalb Jahren und wird durch Investitionen der Industrie, Zuschüsse der einzelnen beteiligten Länder und des Europäischen »Joint Undertaking« ECSEL (Electronic Components and Systems for European Leadership) finanziert.