Fraunhofer ISE
π -COMET Technologie: Erste europäische OME-Produktion in industrienaher Umgebung
Während bei PKWs der Trend bei Neuanschaffungen zu Elektrofahrzeugen geht, werden im Schwerlast-, Schiffs- und Flugverkehr sowie im stationären Betrieb noch länger und verbreitet Flüssigkraftstoffe zum Einsatz kommen. Dabei können Oxymethylenether (OME) als E-Fuels die Ruß- und Stickoxid-Emissionen von Dieselmotoren deutlich senken. Eine Hürde für deren großindustrielle Herstellung war bislang das Wassermanagement im Syntheseprozess. Im Projekt »COMET- Clean OME Technology« haben das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und die Industriepartner ChemCom Industries B.V. und ASG Analytik AG eine technische Lösung entwickelt, die einen OME-Produktionsprozess im Industriemaßstab ermöglicht.Um in dieser Diskussion um die Investitionskosten der Wasserelektrolyse die notwendige Transparenz zu schaffen, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE im Auftrag der NGO Clean Air Task Force (CATF) ein Bottom-up-Kostenmodell erstellt und eine Kostenstudie durchgeführt. Damit kann ein breites Verständnis für die Kostenstrukturen von Niedertemperatur-Wasserelektrolysesystemen aufgebaut werden.
Als E-Fuel können OME dem Dieselkraftstoff beigemischt und im Dieselmotor verwendet werden. Die bestehende Infrastruktur für Transport, Lagerung und Verteilung wird dabei weiter genutzt. Das Potenzial ist gewaltig: Bei einer Beimischung von nur 10 Prozent in Dieselkraftstoffe werden weltweit jährlich ca. 440 Milliarden Litereq OME benötigt. Der Einsatz von OME als Reinstoff ist ebenfalls möglich und speziell dort interessant, wo geringe Emissionen besonders wichtig sind (z.B. in Innenstädten) oder wo Motoren mit eigenem Kraftstoff versorgt werden (z.B. bei Baustellen). Bei nachhaltiger Herstellung aus erneuerbar betriebener Wasserelektrolyse und abgeschiedenem CO2 in einem Power-to-Liquid-Verfahren können OME die Well-to-Wheel-CO2-Emissionen gegenüber fossilem Diesel bis zu 86 Prozent reduzieren wie Fraunhofer ISE-Analysen ergeben haben. Sie sind umweltfreundlich und ungiftig und durch ihre relativ hohen Siedepunkte und die hohe Sorptionskapazität bei moderaten Druck- und Temperaturniveaus auch als physikalisches Lösungsmittel, z.B. für die CO2-Absorption, attraktiv.
»Diese vielseitige Anwendbarkeit machen eine nachhaltige Produktion von OME in großem Maßstab erforderlich, daher arbeiten Industrie und Forschung seit zwei Jahrzehnten am Scale-up des Prozesses. Insbesondere die Abtrennung von Wasser aus dem Produktgemisch vor oder nach der OME-Synthese, das „Water Management“, war eine Herausforderung«, sagt Dr.-Ing. Ouda Salem, Mit-Erfinder des p-COMET- (PI COMET = Process Intensified Clean OME Technology) Verfahrens und Leiter der Gruppe Power-to-Liquids am Fraunhofer ISE.
COMET- Prozesskonzept löst Problem des Wassermanagements
Das Fraunhofer ISE arbeitet seit mehreren Jahren mit den Industriepartnern ChemCom Industries B.V. aus den Niederlanden und ASG Analytik AG aus Deutschland an einem Verfahren, das auf einen effizienten OME-Syntheseschritt mit Methanol und konzentriertem Formalin als Ausgangsmaterial setzt. Das zum Patent angemeldete COMET-Konzept konzentriert sich auf die Entfernung des Wassers nach der OME-Synthese in einer Reaktivdestillationskolonne und löst so das Problem des Wassermanagements. Dabei kann auf die in bisher üblichen Ansätzen genutzte Extraktion, Adsorption oder auch Membrantechniken verzichtet werden. Durch die Positionierung und Betriebsbedingungen der Reaktivdestilllationskolonne sind deutlich höhere Umsätze und Selektivitäten in der OME-Synthese möglich, was zu Effizienzsteigerungen führt.
Nach dem Proof-of-Concept des Verfahrens Anfang 2021 demonstrierte das Projektteam den integrierten Prozess im Sommer 2021 erfolgreich im Technikumsmaßstab. Dafür kam eine neu entwickelte COMET-Laboranlage zum Einsatz, die mit einer industriellen Pilotanlage für die Reaktivdestillation und Produktreinigung gekoppelt ist. Die ersten ca. 250 Liter OME-Produkt in einer industriellen Umgebung erreichten eine normgerechte OME-Endproduktqualität. »Das COMET-Prozesskonzept hat den großen Vorteil, dass die Reaktionsbedingungen und das Verhältnis der Reaktionspartner in der reaktiven Destillationskolonne so eingestellt werden können, dass die gewünschte Verteilung des OME-Endprodukts erreicht wird. Zudem können bei Bedarf weitere kurzkettige OME als Nebenprodukt bereitgestellt werden. So können verschiedene geeignete Märkte für OME bedient werden«, erklärt Erik Bastiaensen Geschäftsführer von ChemCom.
Durch die Verwendung skalierbarer Komponenten kann ein OME-Produktionsprozess mit dem COMET-Konzept in großem Maßstab realisiert werden. Die Technologie kann in die bestehende Infrastruktur integriert werden, wobei nur Methanol und handelsübliches Formaldehyd als Ausgangsmaterial verwendet werden. »Weitere Vorteile sind die geringere Komplexität des Prozesses im Vergleich zum Stand der Technik und die potenziell hohe Gesamtenergieeffizienz des Verfahrens«, so Franz Mantei, Mit-Erfinder des COMET-Prozesses und Doktorand in der Gruppe Power-to-Liquids am Fraunhofer ISE.
Erste europäische Produktionsanlage
Fraunhofer ISE, ASG und ChemCom planen die erste europäische OME-Produktionsanlage im niederländischen Delfzijl im Maßstab von ca. 1 t/h auf Basis des COMET-Prozesskonzepts. Sie soll als eine Referenzanlage für die weitere Hochskalierung bei einem erfolgreichem Markteintritt genutzt werden. Die ASG arbeitet zudem an der Entwicklung einer umfassenden OME-Vornorm und entsprechenden Analysemethoden für eine Zertifizierung. »Eine sauberere und vor allem stabile Produktqualität ist für die Marktetablierung sehr wichtig«, betont Dr. Thomas Wilharm, Vorstandsvorsitzender der ASG.
Es wurde bereits gezeigt, dass die Oxidationsstabilität von OME-Produkten mit einem Standardadditiv erreicht werden kann, was für die Produktlagerung und den Transport wichtig ist. In Zusammenarbeit mit der TU München wurde zudem beispielhaft ein Dieselmotorrad mit einem OME-Tank und einem angepassten Einspritzsystem getestet. OME als Kraftstoff führte zu einer Emissionsreduktion bei der Partikelanzahl (PN23) um 99,86 % im Vergleich zum herkömmlichen Diesel-Betrieb. Auch die Euro 5-Grenzwerte für die emittierte Partikelmasse (95 %) und Stickoxidausstoß (49 %) konnten erheblich unterschritten werden. Dies unterstreicht neben dem Potenzial zur Reduktion der CO2-Emissionen die erheblichen Potenziale zur Absenkung des Schadstoffausstoßes von Dieselmotoren bei der Verwendung von OME.
ASG und ChemCom arbeiten bereits an einer vollständigen REACH-Zulassung für die Bereitstellung von OME in großem Maßstab. Mit dem COMET-Prozess ist dafür nun auch die technologische Grundlage gelegt.
Das Projekt COMET wurde durch einen Beitrag des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ermöglicht und vom Samenwerkingsverband Noord-Nederland (SNN) durchgeführt.